DKP zum Ausgang der EU-Wahl 2019

Zum Ausgang der EU-Wahl erklärt Patrik Köbele, Vorsitzender der
Deutschen Kommunistischen Partei (DKP):

Es ist den Herrschenden mit einer Kampagne von Politik, Medien und
Konzernen gelungen die EU-Wahl 2019 zu einer Schicksalswahl zu
erklären und eine, für EU-Wahlen, außergewöhnlich hohe
Wahlbeteiligung zu erreichen. Die EU ist zentraler Bestandteil der
Strategie der herrschenden Klasse in Deutschland. Man muss
anerkennen, dass es ihr gelungen ist, die große Mehrheit der
Menschen in diese Strategie einzubinden.

Das gelang auch durch eine tiefgehende Umgruppierung im Lager der
bürgerlichen Parteien. SPD und CDU wurden einmal mehr abgestraft.
Die Krise der SPD beschleunigt sich. Die Grünen wurden im Westen zur
neuen Volkspartei. Ihnen hängt immer noch der Ruf einer Alternative
an, obwohl sie die kriegerische und antisoziale Politik des deutschen
Imperialismus voll mitträgt.

Natürlich hat es den Grünen geholfen, dass die Gefahr der
Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen, unter anderem durch
„Fridays for future“, stark ins Massenbewusstsein gerückt worden
ist. Aber auch für diesen Widerspruch der kapitalistischen
Produktionsweise bieten sie letztlich nur Antworten, die im Interesse
der größten Teile des deutschen Monopolkapitals liegen. Sie werden
eine Politik forcieren, die grüngetünchten Kapitalismus von den
Menschen bezahlen lässt.

Die EU-Wahl hat erneut aufgezeigt, dass Deutschland nach wie vor
in Ost und West geteilt ist. Im Osten hat die Linkspartei ihren
Status als Volkspartei nahezu eingebüßt. Die Menschen trauen ihr
die Rolle als Verteidigerin der sozialen und demokratischen Rechte
nicht mehr zu. Dazu beigetragen haben dürfte auch ihr Wechsel zu den
EU-Befürwortern. Von diesem Vakuum profitiert die AfD. Sie gibt sich
als Protestpartei, während sie in zentralen Fragen wie der
NATO-Mitgliedschaft die Politik des deutschen Monopolkapitals genauso
mitträgt wie die wesentlichen Grundprinzipien des militaristischen,
neoliberalen und undemokratischen EU-Konstrukts.

Hinsichtlich des befürchteten Rechtsrucks hat die führende
Kapitalfraktion des deutschen Monopolkapitals im Vorfeld der Wahl
deutlich gemacht, dass die AfD (noch) nicht ihre Hauptoption, wohl
aber ein gern gesehener Druckfaktor ist. Diese Orientierung führte
mit zur hohen Wahlbeteiligung und zum Erfolg der Grünen. Im Lager
der Parteien von CDU über Grüne, SPD und FDP werden nun die Karten
neu gemischt. Welche Folgen dieses Ergebnis für die Große Koalition
hat ist unklar. Klar ist aber, dass es derzeit auf Bundesebene keine
Optionen für Konstellationen gibt, die weniger Aggressivität nach
innen und außen bedeuten.

Bei den Europawahlen hat auch die Partei Die Linke deutlich
verloren, während sie bei den Landtagswahlen in Bremen deutlich
hinzugewonnen hat. Letzteres wird möglicherweise dazu führen, dass
auch das Modell SPD, Grüne, Linke seinen Durchbruch als Option der
Verwaltung der Herrschaftsinteressen in Deutschland findet.

Unser Abschneiden, das Wahlergebnis der DKP, ist unbefriedigend.
Trotz guter Ansätze im Wahlkampf haben wir im Verhältnis zur
letzten EU-Wahl ein Fünftel der Stimmen eingebüßt. Unsere
grundsätzliche EU-Kritik war und ist richtig. Sie war die linke
Alternative zur EU-Euphorie und damit zur Einbindung der Massen in
einen zentralen Punkt der Herrschaftsstrategie des deutschen
Monopolkapitals. Wir stellten uns fast allein der Lüge, dass die EU
Europa 70 Jahre Frieden gebracht hätte, entgegen. Aber
offensichtlich konnten wir unsere Inhalte nicht vermitteln und uns
nicht als wirksame Kraft präsentieren. Auch diejenigen, die der
Linkspartei wegen ihres Pro-EU-Kurses den Rücken gekehrt haben,
konnten wir nicht überzeugen. Wir haben auch zu wenig deutlich
gemacht, dass in der stark diskutierten Frage der Umweltzerstörung
die EU nicht Lösung, sondern Mitverursacher ist. Das führte mit
dazu, dass vor allem junge Menschen, die nach Alternativen suchen,
diese in uns nicht sahen. Eher wählten sie mit der PARTEI noch eine
Gruppierung, die Zustände sarkastisch anprangert, aber keine
Alternative ist und sein will.

Wahlergebnisse sind ein Gradmesser der Verankerung. Unser
Wahlergebnis hat die Schwächen unserer Verankerung drastisch
aufgezeigt. Das muss sich ändern, das ist die zentrale Botschaft
unseres schlechten Abschneidens.

Dafür war der Wahlkampf auch ein Mittel. Wir sind an vielen Orten
mehr nach außen gegangen, viele Gliederungen haben öffentliche
Veranstaltungen und Aktionen durchgeführt, Materialien wurden
massenhaft verteilt, neue Mitstreiterinnen und Mitstreiter für die
DKP wurden gewonnen. Dafür danken wir allen Genossinnen und
Genossen, allen Freundinnen und Freunden, die sich engagiert haben.
Und natürlich auch unseren Wählerinnen und Wählern!

Die Ergebnisse unserer Schwesterparteien sind uneinheitlich. Eine
detaillierte Auswertung können wir bis heute nicht vornehmen.
Vorläufig gratulieren wir Der PTB in Belgien, der AKEL in Zypern und
der KKE in Griechenland zu erfolgreichen Wahlkämpfen.

Essen, 28. Mai 2019



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