Nie allein

Kommunist feiert Eiserne Hochzeit und der Staat schaut zu

Die
baden-württembergische Landesregierung lobt sich selbst, dass das
„Ländle“ das sicherste Bundesland sei. Dennoch sollen bis 2021
15000 Stellen im Bereich „Innere Sicherheit“ geschaffen werden.
Darunter fällt auch das Landesamt für Verfassungsschutz. Das Amt
überwacht unter anderem Gerhard Bialas – und das seit
Jahrzehnten. Der verrentete Gärtnermeister aus Tübingen wird
bespitzelt, seit er 1951 Mitglied der Kommunistischen Partei
Deutschlands wurde. Nicht zu Unrecht – aus Sicht der
Herrschenden –, so setzte sich Bialas über 30 Jahre als
Stadt- und Kreisrat für bezahlbares Wohnen („Tübingen ist nicht
Dallas“) und ein garnisonsfreies Tübingen ein.

Auch heute, mit 88 Jahren, wird Bialas noch überwacht. Nachdem der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann seiner Frau Christa und ihm schriftlich im Mai zur „Eisernen Hochzeit“ (65 Ehejahre) gratuliert hatten, wandte sich Bialas an Kretschmann und forderte ein Ende der staatlichen Überwachung. Das baden-württembergische Innenministerium antwortete jetzt, man sehe „keinen Anlass, die Sammlung von Erkenntnissen über Ihre verfassungsschutzrelevanten Aktivitäten einzustellen“, da Bialas Mitglied der DKP sei. „Das ist doch schizophrene Staatsbürokratie: Mit der einen Hand gratulieren, mit der anderen der Bescheid, dass ich weiterhin zu beobachten bin“, sagt Bialas.

Vorab aus der UZ vom 30. August 2019



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