Zur Aufgabenstellung des 23. Parteitages und zum Leitantrag

Unsere Partei berät seit einigen Parteitagen intensiv über
unsere strategische Orientierung der antimonopolistischen Strategie.
Auf der 7. PV-Tagung wurden „die nähere Bestimmung der zentralen
Kampffelder des Klassenkampfes heute und das Verhältnis der DKP zu
verschiedenen wesentlichen antimonopolistischen Kräften in und
außerhalb der Arbeiterklasse“ als zentrale Aufgaben des
Leitantrages genannt.

Diese Aufgabenstellung halte ich für absolut richtig und
notwendig. Vielleicht wären die Diskussionen um den 22. Parteitag
einfacher gewesen, hätten wir bereits dort die Frage nach den
aktuellen Hauptfeldern, den „neuralgischen Punkten im Klassenkampf,
die Einfallstore sein können für die antimonopolitischen
Klassenkräfte“ und in denen die DKP deshalb vorrangig aktiv sein
muss, geführt.

Während der Tagung der Bezirksvorsitzenden und
Org.-Verantwortlichen in Essen Ende September wurde diese
Aufgabenstellung von den Anwesenden ebenfalls unterstützt, an der
Umsetzung durch den vorliegenden Leitantrag jedoch Kritik geübt. Aus
meiner Sicht sollten zwei Dinge vor allem hervorgehoben und der
Leitantrag entsprechend qualifiziert werden: Die Frage der Formierung
der Arbeiterklasse zur kämpfenden Klasse und die wissenschaftlichere
Bestimmung der Kampffelder.

Kern unserer antimonopolistischen Orientierung ist, in einem
Bündnis aller nichtmonopolistischen Kräfte die Offensive des
Monopolkapitals zu stoppen und eine demokratische und soziale Wende
in der Politik einzuleiten. Zugleich soll den nichtmonopolistischen
Kräften aufgezeigt werden, dass eine solche demokratische und
soziale Politik nur in einem anderen, einem sozialistischen System
dauerhaft verankert werden kann. Das setzt voraus, dass die
Arbeiterklasse als Trägerin eines sozialistischen
Gesellschaftssystems ein entsprechendes revolutionäres Potential
entwickelt. Das ist offensichtlich aktuell nicht der Fall. Ein
Systemwechsel steht nicht auf der Tagesordnung.

Es reicht nicht, wenn wir die demokratischen bürgerlichen Kräfte
im Kampf gegen das Monopolkapital unterstützen. Wir müssen weiter
daran arbeiten, in den überwiegend bürgerlich dominierten
Initiativen und Bewegungen, richtige Reformforderungen und die
sozialistische Perspektive zu propagieren. Diese Alternative wird
erst dann mehr Menschen als reale Möglichkeit erscheinen, wenn sich
die Arbeiterklasse als ernstzunehmender Akteur präsentiert! Das
werden wir nicht allein bewirken können. Wir müssen aber verstärkt
– auch bei Kenntnis unserer begrenzten Möglichkeiten – dazu
beitragen, dass die Arbeiterbewegung sich formiert und als
kämpferische Trägerin einer politischen Alternative in Erscheinung
tritt. Das ist aktuell unsere Hauptaufgabe im Rahmen der
antimonopolistischen Strategie.

Die Partei behält eine doppelte Aufgabe. Sie unterstützt auf der
einen Seite antimonopolistische Aktivitäten innerhalb des
herrschenden Systems, um die Offensive des Monopolkapitals zu
stoppen. Sie muss aber vor allem dazu beitragen, immer größere
Teile der Arbeiterklasse in diese Kämpfe einbeziehen, um dort –
wie Rosa Luxemburg sagt – im Kampf um die Reformen das
Klassenbewusstsein zu entwickeln, das zur Revolution notwendig ist.

Unsere objektiven Möglichkeiten machen dabei eine Konzentration
auf die aus unserer Sicht wichtigsten Fragen notwendig. Seit unserem
Sofortprogramm zur Bundestagswahl 2017 sind dieses in allen
programmatischen Äußerungen: „Frieden – Arbeit –
Solidarität“.

Der Leitantrag leitet die Kampffelder nicht ausreichend her. Das
führt im Ergebnis zu einem Warenhauskatalog in dem nichts fehlen
darf.

Es wären mehr und genauere Kriterien zur Bestimmung von aktuellen
Kampffeldern für die DKP zu erarbeiten, wie es in der
Konzeptionierung des 23. PT bereits begonnen wurde. Dazu gehört
mindestens: Welches Interesse haben, bzw. in welchem Widerspruch
befinden sich die reaktionärsten Teile der deutschen
Monopolbourgeoisie? In welcher Art ist die AK in dem Bereich
betroffen, welche Teile der AK sind am meisten betroffen, welche
Spaltungen gibt es, gibt es Teile der AK, die den Interessen der
ganzen Klasse entgegenhandelt? Welche Chancen sehen wir, um die
Aktionseinheit der AK in diesem Kampffeld zu befördern? Gibt es
Kampferfahrungen und politische Erfolge der AK in diesem Kampffeld?
Welches Bewusstsein gibt es in der AK zur Problematik? Wie ist die
Haltung der Gewerkschaften und andere Organisationen der AK und
außerhalb in dem jeweiligen Kampffeld? Welche Aktionsformen,
Forderungen und Losungen sind in der AK bekannt, akzeptiert oder
möglich oder sinnvoll? Und eben AUCH: Welche Kampferfahrung hat die
DKP real in diesen Feldern? Wie ist der Bewusstseinsstand bei uns,
haben wir Mitglieder/Kader, die hier bereits oder noch wirken? Haben
wir die richtigen Forderungen, Losungen? Können wir hier
Aktionsformen entwickeln oder uns an solchen beteiligen, die andere
in Bewegung bringen? Können wir zu sichtbaren Erfolgen beitragen,
die mehr Menschen mobilisieren etc.

Der Fokus muss stärker an der Formierung der Klasse UND den
Möglichkeiten unserer Partei ausgerichtet sein. Die kleine
Aufzählung ist sicher nicht vollständig, müsste aber im Interesse
der wissenschaftlichen Erarbeitung vervollständigt werden. In den im
Leitantrag genannten Kampffeldern ist diese Herleitung zu willkürlich
und unvollständig. Eine exemplarische Ausarbeitung zu einem oder
zwei Kampffeldern aus unserer Praxis, z.B. Friedenskampf und
Gesundheitspolitik wäre zu empfehlen.

Es ist erforderlich, den Leitantrag durch die Diskussion der
Gesamtpartei in dieser Richtung zu qualifizieren. Aus meiner Sicht
muss die Diskussion um die Kampffelder auch nach dem Beschluss des
Leitantrages weitergeführt werden.

Michi Götze, Hamburg



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